Das Potenzial von Agri-PV ist riesig. Die Nutzung von Agri-PV auf rund 1% der Ackerfläche Deutschlands würde ausreichen, um etwa 9% des bundesweiten Stromverbrauchs zu decken. Das entspricht der Leistung von drei Atomkraftwerken. Vom Ausbau der Agri-PV profitieren nicht zuletzt die landwirtschaftlichen Betriebe, denn das Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Nutzpflanzen und die Erzeugung von Solarstrom bietet eine hervorragende Möglichkeit, eine stabile zusätzliche Einkommensquelle zu generieren. Da es sich bei Agri-PV um ein noch recht junges Verfahren handelt, gibt es oft Fragen, beispielsweise zu geltenden Standards, den bau- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen oder staatlichen Fördermaßnahmen. In diesem Artikel haben wir Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Thema Agri-PV für Sie zusammengestellt.
Was genau ist Agri-PV?
Agri-Photovoltaik (Agri-PV) ist ein Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Nutzpflanzen und die Erzeugung von Solarstrom mittels Photovoltaik. Die Technologie ermöglicht den Ausbau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen, ohne wertvolle landwirtschaftliche Anbauflächen nennenswert zu verringern. Sie bietet damit eine Lösung, um dem Problem der zunehmenden Flächenkonkurrenz zwischen Agrar- und Solarenergiewirtschaft entgegenzuwirken. Die landwirtschaftlichen Betriebe können den produzierten Solarstrom gewinnbringend in das öffentliche Stromnetz einspeisen und für den Eigenverbrauch nutzen.
Wie funktioniert Agri-PV?
Bei Agri-PV unterscheidet man zwischen paralleler und dualer Nutzung. Bei der parallelen Nutzung erfolgt der landwirtschaftliche Anbau zwischen den Modulreihen, die in Bodennähe (unter 2,10 m) aufgeständert sind. Das erfordert in der Regel einen größeren Abstand zwischen den einzelnen Modulreihen. Als besonders aussichtsreich gilt die Nutzung von senkrecht aufgestellten bifazialen Modulreihen mit Ost-West-Ausrichtung auf Grünland.
Bei der dualen Nutzung werden vor allem Obst, Dauerkulturen und Sonderkulturen unter hoch aufgeständerten PV-Modulreihen (ab 2,10 m) angepflanzt. Die PV-Module wirken wie eine Überdachung, die Schutz vor extremen Wettereignissen bietet (z. B. Starkregen, Hagel, Frost, Hitze) und die Verdunstung durch Teilverschattung verringert. Forschungsprojekte renommierter Institute wie die des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE haben bereits gezeigt, dass sich duale Agri-PV positiv auf den landwirtschaftlichen Ertrag auswirken kann.
Welche Standards gibt es für Agri-PV?
In der DIN SPEC 91434 sind erstmals Qualitätskriterien und Standards für Agri-PV-Anlagen festgehalten worden. Die DIN SPEC legt die Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung im Bereich der Agri-PV fest und definiert dabei Anforderungen an die Planung, den Betrieb, die Dokumentation und die Betriebsüberwachung sowie Messkennzahlen für das Prüfverfahren zur Qualitätssicherung. Die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche ist in einem landwirtschaftlichen Nutzungskonzept für mindestens 3 Jahre zu beschreiben (z. B.: Duale Nutzung mit einer Dauerkultur oder mehrjährigen Kulturen wie Obstbau, Beerenobstbau, Weinbau, Hopfen).
Für das landwirtschaftliche Nutzungskonzept sieht die DIN SPEC folgende Kernanforderungen und Kriterien vor:
- Die landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Fläche muss auch zukünftig gewährleistet sein, und die geplante Nutzungsform muss im landwirtschaftlichen Nutzungskonzept beschrieben werden.
- Der Flächenverlust durch die PV-Anlage darf bei dualer Nutzung maximal 10% der Gesamtprojektfläche betragen, bei paralleler Nutzung maximal 15%.
- Die Lichtverfügbarkeit und -homogenität sowie die Wasserverfügbarkeit müssen geprüft und an die landwirtschaftlichen Erzeugnisse angepasst werden.
- Bodenerosion und -schäden durch den Aufbau der PV-Anlage, durch ihre Verankerung im Boden oder durch Wasser, das von den Modulen abfließt, müssen verhindert werden.
- Nach der Installation der Agri-PV-Anlage muss der landwirtschaftliche Ertrag mindestens 66% eines Referenzertrages erreichen, der dem dreijährigen Durchschnittswert derselben landwirtschaftlichen Fläche oder vergleichbaren Daten aus Publikationen entspricht.
Was sind die baurechtlichen Rahmenbedingungen?
Seit dem 7. Juli 2023 sind Agri-PV-Anlagen baurechtlich privilegiert (§ 35 Absatz 9 BauGB), wenn die Grundfläche der Anlage 2,5 ha nicht überschreitet und diese in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Landwirtschafts-, Forst- oder Gartenbaubetrieb steht. Dies ist beispielsweise gegeben, wenn sich die Projektfläche in der Nähe der Hofstelle, einer Maschinenhalle oder einer Stallung befindet, die einen Schwerpunkt der betrieblichen Abläufe darstellt. Für Agri-PV-Anlagen, die diese Kriterien erfüllen, ist die Erstellung eines Bebauungsplans nicht notwendig. Es kann direkt eine Baugenehmigung beantragt werden. Um diese zu erhalten, müssen bauordnungsrechtliche Anforderungen eingehalten und Unterlagen sowie Gutachten vorgelegt werden. Die baulichen Anforderungen für eine Agri-PV-Anlage sind in DIN SPEC 91434 festgelegt.
Bei nicht privilegierten Agri-PV-Anlagen ist es wie bei den meisten konventionellen PV-Freiflächenanlagen notwendig, einen Bebauungsplan aufzustellen und gegebenenfalls eine Änderung des Flächennutzungsplans vorzunehmen. In diesem Fall ist mit bis zu einem Jahr Vorlaufzeit zu rechnen. Privilegierte Agri-PV-Anlagen lassen sich demgegenüber deutlich leichter, schneller und mit geringeren Kosten realisieren.
Was gibt es im Hinblick auf Grund-, Erbschafts- und Schenkungssteuer zu beachten?
Um den Ausbau von Agri-PV-Anlagen zu fördern, haben Bund und Länder im Mai 2022 entschieden, dass Flächen mit kombinierter Nutzung durch Photovoltaikanlagen und intensiver Landwirtschaft vollständig dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen sind. Das gilt auch im Hinblick auf die Erbschafts-, Schenkungs- und Grundsteuer. Die mit Agri-PV genutzten Flächen verlieren also nicht die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für landwirtschaftliche Betriebsvermögen und verbleiben in der Grundsteuer A. Die Anforderungen für eine Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen sind in der DIN SPEC 91434 geregelt.
Welche Förderprogramme für Agri-PV gibt es?
Mit der jüngsten Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG 2023) sind Agri-PV-Anlagen auf allen Ackerflächen, Flächen mit Dauerkulturen und Grünlandflächen förderfähig geworden. Die Förderung für Anlagen unter 1.000 kWp beträgt 7,0 Cent pro kWh. Für Anlagen mit einer Leistung über 1000 kWp ist eine Teilnahme am Ausschreibungsverfahren der Bundesnetzagentur erforderlich. Für die Gebotstermine im Jahr 2023 hat die Bundesnetzagentur den Höchstwert auf 7,37 Cent pro kWh festgelegt. Aufgeständerte Agri-PV-Anlagen mit einer lichten Höhe von 2,10 m werden im Jahr 2023 zudem mit einem Technologiebonus von 1,2 Cent pro kWh gefördert. Dieser sinkt stufenweise auf 0,5 Cent pro kWh, wenn der Zuschlag zwischen 2026 bis 2028 erteilt wird. Die Voraussetzungen für die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren, die gültigen Vergütungssätze, Ausschreibungstermine und -ergebnisse können auf der Internetseite der Bundesnetzagentur eingesehen werden.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit dem Programm „progres.nrw“ ein eigenständiges Förderprogramm für Agri-PV-Anlagen ab 100 kWp auf den Weg gebracht. Dieses kann jedoch nur beantragt werden, wenn während der Nutzungsdauer keine Förderung nach EEG beansprucht wird. Maximal 25 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben (hierzu zählen PV-Module, Wechselrichter, Unterkonstruktion, Montage, Kabel, Netzanschluss) werden bezuschusst. Die maximale Förderung beträgt 1.000.000 Euro. Anders als bei einer Förderung nach EEG erlaubt progres.nrw die Nutzung des produzierten Solarstroms auch für die Eigenversorgung. Die Förderung nach EEG schließt Eigenverbrauch aus und sieht nur die Vergütung für die Einspeisung in das öffentliche Stromnetz vor. Neben den beiden genannten Fördermöglichkeiten bietet auch die Rentenbank ein Förderangebot an. Im Rahmen des Programms „Zukunftsfelder im Fokus“ werden Investitionen in ausgewählten Bereichen der Land- und Ernährungswirtschaft gefördert. Hierzu zählt auch Agri-PV.
Wenn Sie Fragen zu Agri-PV haben oder an der Errichtung einer Anlage interessiert sind, können Sie einfach einen Termin mit einem unserer Experten vereinbaren – natürlich ganz unverbindlich und kostenlos.
Wir freuen uns auf Sie!